Leserbrief der Kirmesfreunde vom 29.04.215

Hier die ungekürzte Fassung!!!

 

Leserbrief zu den Zeitungsartikeln vom 16.04.2015 und 23.04.2015 im Soester Anzeiger: Wegen Kirmes in roten Zahlen / Kirmes ist ein teures Vergnügen:

 

Unsere Allerheiligenkirmes wirft nun schon ihre Schatten voraus. Große, dunkle Wolken ziehen auf und verkünden, dass unser liebgewonnenes Volksfest mit einem geschätzten Minus von ca.117.000 Euro in diesem Jahr die Stadt und somit die Steuerzahler, die Schausteller, aber auch alle Kirmesbesucher belasten wird. Wenn man der Überschrift des Artikels vom 16.04.2015 Glauben schenkt, ist die Kirmes nicht nur Schuld an den kaputten indischen Grauwacken auf dem Marktplatz, nun ist sie auch noch der Verursacher der roten Zahlen des Haushaltes unserer Stadt

Sicherlich sind die Kosten für die Kirmes gestiegen. Ein in seinen Anforderungen erhöhtes Sicherheitskonzept fordert unbestreitbar seinen Preis, doch sollten wir durch die Sensibilisierung nach Duisburg nicht in unnötigen Aktionismus verfallen. Jedes Jahr wurden höhere Anforderungen als unumgänglich dargestellt. War die Kirmes denn in den letzten Jahren nicht sicher?

Die Schotterung der Grünfläche am Bahnhof als Versuch, ein großes Zelt dort zu etablieren, das Aufstellen von Pollern und diverse weitere Maßnahmen aber waren einmalige Kosten und fallen dieses Jahr nicht mehr ins Gewicht. Versuche bergen auch ein Risiko, was uns das letzte Open Air Konzert in der Adamskaserne auf eindrucksvolle Weise gezeigt hat. Davon spricht heute keiner mehr.

In der Vergangenheit haben die Schausteller immer wieder Geld in die Hand genommen für kirmesrelevante Maßnahmen. So wurde die teilweise Befestigung des Plangeplatzes durch Schotterung, die südliche Brücke als Zugang zum ehemaligen Hallenbadgelände, die grünen Rettungsweg-Beschilderungen und die Anschaffung von Absperrgittern von den Schaustellern finanziert, obwohl diese Dinge auch für andere Events über das ganze Jahr genutzt und eingesetzt werden.

Nach Schätzungen von offizieller Seite kommen 1.000.000 Besucher zur Allerheiligenkirmes in unsere Stadt. Wenn dem so ist, dann scheint es doch sehr wahrscheinlich, dass von diesem zu erwartende Umsatz auch ein nicht geringer Teil für das Stadtsäckel in Form von Gewerbesteuern übrig bleibt. Werden diese eigentlich den Kosten gegen gerechnet? Es wäre höchst interessant, die Allerheiligenkirmes mit all seinen Kosten und Erträgen aus dem Soester Jahresetat heraus zu rechnen. Was würden wohl all die Betriebe, seien es die Taxiunternehmen, die Gastronomie mit all den großen Zulieferern bis hin zu Tankstellen und Kioskbetreibern sagen, wenn es diese sogar planbare Umsatzsteigerung durch die Allerheiligenkirmes nicht gäbe.

Auch der enorme Werbeeffekt ist in Euro nur schwer zu benennen. Ein Kirmesbesucher von außerhalb lässt nicht nur einen Teil seines Geldes zur Kirmes hier, er tut dieses auch erfahrungsgemäß als Tourist ein zweites und drittes Mal, vielleicht bei einem Besuch im Frühjahr zur Baumblüte in der Gräfte oder zum Weihnachtsmarkt. Auch hier bleibt jedes Mal Geld in der Stadt.

Unsere Kirmes steht vor Veränderungen, was die Plätze in der Innenstadt angeht.

Die Gelände des ehemaligen Finanzamtes sowie das am Hochbunker in der Dominikanerstraße stehen nur noch eingeschränkt oder gar nicht mehr zur Verfügung. Auch die Zukunft des Hallenbadgeländes ist ungewiss. Die Plätze für Großattraktionen werden immer weniger. Gerade diese großen Fahrgeschäfte mit ihren hohen wirtschaftlichen Risiken haben unsere Kirmes bei den Gästen aus Nah und Fern so bekannt gemacht!

Es sind eben diese  Mega-Attraktionen in enger Nachbarschaft zu  den Fachwerkhäusern und Kirchen, die einen so großen Unterschied zu anderen Innenstadt-Kirmessen ausmachen.

Besonders diese Schausteller tragen ein hohes Risiko bei einer nur fünf Tage dauernden Veranstaltung, eventuell noch erschwert durch schlechtes Wetter. Wollen wir eben jene Geschäfte noch mehr belasten und damit riskieren, dass sie wegbleiben? Willkommen in Lippstadt!

Es steht zu befürchten, dass selbst die treuesten Schausteller, deren vornehmste Aufgabe es ist, Freude in die Stadt zu bringen, immer weniger Freude daran haben, nach Soest zu fahren.

Manch ein Familienbetrieb kann es sich schlicht und einfach bald nicht mehr leisten, zu uns zu kommen. Generationsübergreifende Kirmestradition zerfällt.

Wenn wir unsere Kirmes nachhaltig vor einem Kollaps bewahren wollen, sind neue Ideen gefragt! Ein mit allen Beteiligten zu diskutierender Ansatz ist sicherlich das „ mit ins Boot holen“ derjenigen, die neben den Schaustellern ebenfalls stark von der Kirmes profitieren.

Um die Wirtschaftlichkeit einer für die Region so enorm wichtigen Veranstaltung zu stärken müssen neue Wege gegangen werden. Immer wieder die Gebühren zu erhöhen ist ein ausgetretener Pfad und führt nicht zum Ziel. Denn wenn auch die Kirmesgänger die von den Schaustellern weitergegebene Mehrbelastung nicht mehr zahlen können oder wollen, dann treffen wir uns bald alle zwischen unattraktiven und veralteten Karussells an ein paar Imbiss- und Bierständen wieder. Willkommen auf dem Bördetag 2.0!

Denn eins ist klar: Wenn die Allerheiligenkirmes in ihrer jetzigen Qualität irgendwann nicht mehr existiert und aus der ersten Garde der Volksfeste herausfällt, ist für alle Zahltag, und zwar der letzte.

Es gibt genug Beispiele für „untergegangene“ Volksfeste in Nordrhein Westfalen.

Wir brauchen Platz für Attraktionen und wir brauchen Alternativen zu fehlenden Plätzen, nur so hat die Kirmes eine Chance, nochmal 678 Jahre zu bestehen.

Auch die Kirmesfreunde Soest haben der Weisheit letzten Schluss noch nicht parat, bieten uns aber gerne an für ein gemeinsames „Brainstormimg“ mit verrückten Ideen, aus denen vielleicht realisierbare Lösungen entstehen.

Zu guter letzt  möchten wir es aber auch nicht versäumen, den Verantwortlichen der Stadt für die Organisation und den alljährlich reibungslosen Ablauf einer solch gigantischen Veranstaltung für unsere kleine Stadt zu danken. Aufbau, Durchführung und Nachbereitung klappen immer hervorragend und suchen bundesweit sicherlich ihresgleichen. Auch der mutige Versuch die Zugewinnung von Kirmesraum am Bahnhof ist ein Schritt in die richtige Richtung, auch wenn nicht gleich alles von Anfang an so läuft, wie man sich das wünscht.

 

Kirmesfreunde Soest e.V.